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WERWOLF 

Das Tagewerk ist recht und schlecht vollbracht
mein bürgerliches Ich hat das Geschirr gespült
die Briefe und Gedichte sind geschrieben
die Tiere sind gefüttert und
die Kinder schlafen

jetzt wird es Zeit mein Haar zu öffnen

immer dann
zieh ich mein altes graues Wolfsfell über
knipse dieses gelbe Glühen in den Augen an
und vergesse meinen Menschennamen

und dann schnüre ich ganz lautlos und mit sehr
sensiblen Schritten über den Asphalt ins Lichtermeer
um irgendwo im Mondschein langsam doch mit Schwung
eine Kneipentür zu öffen und
wachen Blickes tief in einen rauchverhangnen
Raum zu tauchen

dort streck ich lüstern und genüsslich
meine lange blaue Zunge in ein Glas mit
dunkelrotem Wein
und schlürfe tröpfchenweise Duft in meine Lungen
und sauge mit gespitzten Ohren
unbekanntvertraute Stimmen auf

manchmal
lass ich einen Fremden etwas näher kommen und
dann beschnuppern wir uns freundlich
mit weit vorgereckten Hälsen
irgendwann
rückt er mir gar zu dicht auf meinen Pelz
dann steh ich witternd aufmerksam und still und
mit gesträubtem Nackenfell

jetzt wird es Zeit mich wieder auf den Weg zu machen

immer dann
schlag ich mit gebleckten Zähnen grinsend
hinter mir die Türen wieder zu
bisweilen heule ich den Vollmond an
allein
und meine Einsamkeit genießend denn
ich kann im Rudel nicht mehr sein

1978